HD Ready, Full HD, wer blickt noch durch?
Text: Detlev Schnick, HIFI-REGLER - update: 09.07.2008
Inhalt
Nachdem Premiere seit November 2005 drei Sparten-Programme - Spielfilme, Dokumentationen und Sport - über ASTRA im hochauflösenden Fernsehformat HDTV sendet, wird es allmählich ernst mit HDTV in Deutschland. Für den Benutzer ist HDTV (High Definitition TV) weit mehr, als ein Schlagwort: Es bedeutet tatsächlich ein sichtbares Mehr an Schärfe, Detailreichtum und Plastizität, als beim heutigen Standard-PAL-Format. Gleichzeitig sorgt die größere Anzahl von Bildpunkten für eine feiner auflösende Farbdarstellung und zeigt sich damit in einem tieferen Farbraum und insgesamt natürlicheren Farben. Im Detail beschreiben wir HDTV und seine Vorteile in unserem Special zu HDTV. Doch um in den Genuss dieser neuen Fernsehnorm zu kommen muss man einen Fernseher sein Eigen nennen, der ganz bestimmte technische Spezifikationen erfüllt. Viele auch heute noch im Handel befindliche Plasma- und LCD-Fernseher erfüllen diese Spezifikationen nicht oder nur unvollständig. Das hindert die Hersteller jedoch nicht daran, auch für solche Fernseher mit Eigenschaften, wie z.B. "HD kompatibel", "HDTV ready" oder "HD fähig" - um nur einige diese Wortschöpfungen zu nennen - zu werben. Das kann zum Rohrkrepierer werden, denn nicht wenige Fachleute prognostizieren, dass es bei vielen stolzen Flach-TV-Besitzern ein böses Erwachen geben könnte, wenn HDTV demnächst flächendeckend zur Programm-Realität in deutschen Wohnzimmern wird. Dann wird so manches vermeintliche Plasma- oder LCD-Schnäppchen im wahrsten Sinne des Wortes "alt aussehen". Doch glücklicherweise kommt allmählich Licht in diesen Dschungel der Bezeichnungen ...
Das "HD ready"-Siegel der EICTA
Die Industrie hat das Informations-Chaos selbst als Mißstand erkannt und mit ihrem Verband EICTA (European Information & Communications Technology Industry Association) eine Mindestnorm festgelegt. Dazu wurde auch gleich ein Güte-Siegel mit Namen "HD ready" entwickelt. Dies gibt dem Verbraucher Sicherheit nach dem Motto: "Nur wo "HD ready" draufsteht ist auch HDTV drin". Wir empfehlen dringend, nur solche Plasma- und LCD-Fernseher zu kaufen, die dieses Siegel tragen oder dem Käufer den dahinter steckenden technischen Sachverhalt ausdrücklich bestätigen. Doch was sind diese HD-ready-Spezifikationen. Im Januar 2005 hat die in Brüssel ansässige EICTA, ein Zusammenschluss von Herstellern der Unterhaltungsindustrie, die Spezifikationen für das HDTV-Gütesiegel veröffentlicht. Das Siegel trägt die Bezeichnung "HD ready" und ist mit den in der rechten Abbildung dargestellten graphischen Symbolen unterlegt. Die technischen Spezifikationen hinter dem "HD ready" Siegel finden sich im Einzelnen im "EICTA Press Release". Mit dieser Festlegung durch die Industrie selbst ist nun ganz "offiziell" und verbindlich bekannt, welche Mindestanforderungen ein TV-Gerät oder Display (andere HDTV-Geräte werden von der "HD ready" Kennzeichnung nicht erfasst) erfüllen muss, um HDTV darstellen zu können. Ein "bißchen HDTV" im Sinne von "ein bißchen schwanger" wird es also zukünftig nicht mehr geben. Wie man in der o.g. Presse-Mitteilung der EICTA nachlessen kann, sind die technischen Anforderungen absolut präzise definiert:
- Das Display (z.B. LCD oder Plasma) oder der Projektor muss
mindestens eine native Auflösung von 720 Pixel in der Vertikalen bei einem 16:9-Format
aufweisen. Es müssen also physisch 720 Pixel vertikal vorhanden sein. - Es müssen folgende Video-Eingänge vorhanden sein:
- HD-Videoeingänge (HD= High Definition)
- Analog: YUV (YPbPr), auch Componenten-Video genannt
- Digital: DVI oder HDMI (mit Kopierschutz HDCP)
- Die HD-Videoeingänge müssen diese Formate verarbeiten können:
- 1280x720 bei 50Hz und 60Hz progressive ("720p")
- 1920x1080 bei 50Hz und 60Hz interlaced ("1080i")
- Die digitalen Eingänge DVI und HDMI müssen den Kopierschutz HDCP unterstützen.
Das "HD ready 1080p"-Siegel der EICTA
Neben dem oben genannten HD ready Siegel hat die EICTA ein Logo erstellt, das Plasma- und LCD-TVs mit einer Panel-Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten kennzeichnet. Das neue Logo hat die Bezeichnung "HD ready 1080p". Die technischen Anforderungen an das Wiedergabegerät sind folgende:
- Das Display (Plasma oder LED / LCD) muss die Anforderungen des HD ready Labels erfüllen (siehe oben) und muss über eine kopiergeschützte Schnittstelle (HDMI) 1080p-Signale entgegennehmen können.
- Es muss eine native Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten vorhanden sein.
- Das Panel muss über die digitalen Eingänge ( HDMI) Vollbilder in einer Auflösung 1920 x 1080 (1080p) mit 50, 60 und 24 Hertz verarbeiten können und es muss über die digitalen Eingänge einen Modus anbieten, der 1080p-Zuspielungen Pixel für Pixel exakt darstellt (ohne Overscan)
1080i auf 720 Zeilen - Wie geht das?
Nun wird mach einer fragen, ob 720 Pixel native Auflösung in der Vertikalen überhaupt ausreichen, bei einem Sendeformat von z.B. 1080i, zumal sich Premiere primär für 1080i entschieden hat. Die Antwort lautet: Ja. Das "i" bei 1080i bedeutet, dass das Bild interlaced dargestellt wird. In diesem Modus - auch Zeilensprungverfahren genannt - wird das Bild zeilenweise inneinander versetzt dargestellt, d.h. zu einem Zeitpunkt werden immer nur die geraden oder die ungeraden Zeilen gerschrieben und im nächsten Zeitpunkt erfolgt das ganze umgegekehrt. Dabei wird die Trägheit des Auges genutzt, wodurch der Betrachter das Bild trotz der versetzten Darstellung als eine Einheit empfindet. Interessanter Weise bedeutet es für moderne Bildprozessoren keine Einschränkung, wenn sie für dieses Verfahren statt 1080 Zeilen deren nur 720 zur Verfügung haben. Auch auf 720 Zeilen werden alle Details der 1080 Zeilen dargestellt, aber eben zeitversetzt, was das Auge jedoch nicht merkt. Es ist sogar so, dass die Interpolation (so wir die Berechnung der Umsetzung der 1080 Zeilen auf 720 Zeilen auch genannt) bei 720 Zeilen nativer Auflösung weniger Pixel bewegen muss, wenn im Filmverlauf schnelle Bewegungen dargestellt werden müssen. Deshalb wird vereinzelt von technischer Seite sogar die Meinung vertreten, 1080i auf 720-Displays würden ein insgesamt besseres Bild zeigen (unter Einbeziehung von Bewegungsartefakten) als das progressive Verfahren 1080p auf 1080-Zeilen Displays.
Welche Plasma-TVs und LCD-TV sind "HD ready"?
Ein kleines Manko hat das "HD ready" bzw. "HD ready 1080p" Logo: Es wird den Fernsehern, die sich damit auszeichnen nicht von unabhängiger dritter Seite verliehen, sondern vom Hersteller selbst. Außer der Selbstkontrolle über die EICTA ist eine externe Kontrollinstanz nicht vorgesehen. Deshalb sollte man als Käufer immer im Hinterkopf behalten: "HD ready" und "HD ready 1080p" garantiert, dass die vorgeschriebenen Spezifikationen vom Hersteller eingehalten werden.
Nur Geräte, die die o.g. technischen Voraussetzungen erfüllen, dürfen nach den EICTA-Vorgaben mit dem "HD ready" bzw. "HD ready 1080p" Logo ausgezeichnet werden.
Fazit und Tipps
Nach den ersten 2 Monaten Erfahrung können wir nur sagen: Gut, dass es "HD ready" und "HD ready 1080p" gibt. Die extrem hohe Akzeptanz auf Verbraucherseite kam für viele Hersteller überraschend. Deren z.T. hektischen Reaktionen zeigen, dass die Einführung des Gütesiegels längst überfällig war. Viele Verbraucher wissen plötzlich, worauf es bei HDTV ankommt und hinterfragen die herstellereigenen "HD"-Bezeichnungen der Industrie mit großer Skepsis. Unsere Tipps:
- Lassen Sie sich nicht erzählen, auf HDTV käme es doch gar nicht an. Spätestens seit der Fußball WM 2006 ist HDTV in aller Munde. Und vor allem: Es wird tägliche Realität im deutschen TV-Sendebetrieb sein. Wir wissen dies zuverlässig aus den Planungen des Satelliten-Betreibers ASTRA.
- Lassen Sie nicht zu, dass einzelne sekundäre "HD-ready"-Anforderungen wegdiskutiert werden. Klar kann HDTV auch ohne Digitaleingang und nur mit YUV funktionieren. Doch steht zu befürchten, dass Premiere und andere Sender von den Studios und Rechteinhabern gezwungen werden mit einem Kopierschutz zu senden. Und dieser setzt fast immer die digitale Übertragung voraus (siehe HDCP). Mit nur analogen Eingängen haben Sie dann u.U. die Looser-Karte gezogen. Jedenfalls gilt bisher als sicher: Hollywood erlaubt keine analoge HD-Ausgabe.
Zusammenfassend unsere eindeutige Empfehlung:
Achten Sie beim Kauf eines Plasma- oder
LCD-Fernsehers immer darauf,
dass dieser das "HD ready"-Logo bzw. "HD ready 1080p" trägt.
Weitere Links und andere interessante Specials
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Zum europäischen Stand der Technik empfehlen wir die beiden auf der Website der EBU (European Broadcasting Union) veröffentlichten Ausarbeitungen von
David Wood (EBU): High Definition for europe - a progressive approach und von
John Ive (Sony Europe): Image Formats for HDTV
sowie die Website HDTV-Total, auf der Sie alle aktuellen HDTV-Senderfrequenzen nachlesen können.
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