Die wichtigsten Einmesssysteme im Überblick
Eine HiFi-Anlage oder ein Heimkinosystem kann nur so gut klingen, wie es die Raumakustik zulässt. Selbst hochwertigste Lautsprecher und leistungsstarke AV-Receiver stoßen an ihre Grenzen, wenn der Raum hallt, bestimmte Frequenzen überbetont werden oder Reflexionen das Klangbild verfälschen. Moderne AV-Receiver begegnen diesen Herausforderungen mit ausgeklügelten automatischen Einmesssystemen und dynamischer Raumkorrektur – Technologien, die in den letzten Jahren signifikante Fortschritte gemacht haben.
Was früher der professionellen Studioakustik oder kostenintensiven akustischen Baumaßnahmen vorbehalten war, ist heute serienmäßiger Bestandteil vieler AV-Komponenten – und damit ein entscheidender Grund für die Anschaffung eines neuen AV-Receivers.
Warum Einmessung überhaupt nötig ist
Jeder Raum wirkt wie ein akustischer Filter. Je nach Möbelierung, Raumgröße, Bodenbelag, Wandmaterial und Lautsprecherposition entstehen stehende Wellen, Bassüberhöhungen, Frequenzlöcher oder zeitliche Phasenverschiebungen. Die Folge: Der Klang verliert an Präzision, Homogenität und Durchhörbarkeit. Besonders im Tieftonbereich kommt es häufig zu "Dröhnen" oder Auslöschungen – selbst bei hochwertigen Lautsprechern.
Ein AV-Receiver mit aktuellem Einmesssystem analysiert mithilfe eines Messmikrofons die akustischen Eigenschaften des Raumes und kompensiert sie durch gezielte DSP-basierte Korrekturen. Frequenzgänge werden geglättet, Phasen angepasst, Laufzeiten korrigiert und Pegel aufeinander abgestimmt – individuell für jeden Lautsprecher.
Die meistverbreitetesten Einmessysteme
Audyssey MultEQ XT / XT32 (Denon, Marantz)
Audyssey zählt zu den etabliertesten Raumkorrektur-Systemen und ist in verschiedenen Varianten verfügbar. Die aktuellste und leistungsfähigste Version, Audyssey MultEQ XT32, bietet eine besonders hochauflösende Filterauflösung (bis zu 512 Messpunkte pro Kanal) und kann zusätzlich separate Korrekturen für Subwoofer (Sub EQ HT) vornehmen.
Mit der zugehörigen Audyssey App lässt sich der Ziel-Frequenzgang individuell anpassen – z. B. für eine lineare oder "natürlich warme" Klangsignatur. Ideal für Musikliebhaber mit audiophilem Anspruch, die ihr System feintunen möchten.
Vorteile:
- Sehr präzise Basskorrektur
- Subwoofer-Kalibrierung möglich
- App-gestützte manuelle Nachbearbeitung
Dirac Live (Arcam, NAD, Onkyo, einige Denon/Marantz-Modelle)
Dirac Live gilt derzeit als das technisch fortschrittlichste Einmesssystem auf dem Markt. Es nutzt komplexe Impulsantwort-Analysen, um nicht nur Frequenzgänge, sondern auch das zeitliche Verhalten des Raumes zu korrigieren. Dadurch wird der Klang räumlich stabiler, dynamischer und kohärenter.
Dirac ist besonders wirksam in akustisch schwierigen Räumen – etwa mit asymmetrischer Lautsprecheraufstellung oder starken Reflexionen. Die Korrektur erfolgt softwaregestützt über einen PC oder eine App, inklusive individueller Filterkurven und Zielverläufe. Einige Geräte bieten mittlerweile Dirac Bass Control für mehrere Subwoofer.
Vorteile:
- Zeit- und Frequenzbereichskorrektur
- Sehr detaillierte Personalisierung möglich
- Ideal für kritisches Hören und High-End-Anwendungen
YPAO (Yamaha Parametric Room Acoustic Optimizer)
Yamaha setzt mit YPAO R.S.C. (Reflected Sound Control) auf ein bewährtes, hauseigenes System. Es analysiert unter anderem auch Reflexionen von Wänden und Decken und kann so die Ortbarkeit von Klangquellen verbessern. Die neueren Varianten unterstützen ebenfalls Mehrpunktmessungen und automatische Lautsprecherwinkel-Kompensation, was besonders in asymmetrischen Räumen hilfreich ist.
YPAO ist zudem sehr schnell eingerichtet und daher ideal für Nutzer, die mit geringem Aufwand ein solides Klangbild erreichen möchten.
Vorteile:
- Intuitive Bedienung
- Optimiert auch Reflexionsverhalten
- Zuverlässige Pegel- und Laufzeitkorrektur
AccuEQ / MCACC / ARC Genesis – weitere Systeme
Weitere erwähnenswerte Systeme sind:
- AccuEQ (Onkyo): eher einfach, aber mit Subwoofer-Korrektur.
- MCACC (Pioneer): mit Phasenkorrektur und Standing Wave Control.
- ARC Genesis (Anthem): ähnlich leistungsfähig wie Dirac, insbesondere in High-End-Komponenten.
Diese Systeme haben je nach Hersteller individuelle Stärken und richten sich meist an fortgeschrittene Anwender oder spezielle Einsatzzwecke.
Was moderne Einmesssysteme noch leisten
- Anpassung an Hörpräferenzen: Viele Systeme erlauben heute die Auswahl verschiedener Klangcharakteristika (z. B. neutral, musikalisch, dynamisch).
- Mehrpunktmessung: Statt eines einzelnen Hörplatzes werden mehrere Positionen im Raum vermessen – ideal für mehrere Zuhörer.
- Subwoofer-Synchronisation: Besonders wichtig bei Systemen mit mehreren Subwoofern – Timing, Phase und Pegel werden perfekt abgestimmt.
- Automatisierte Mikrofonführung: Manche Systeme führen Nutzer Schritt für Schritt durch den Messvorgang und erkennen Fehler automatisch.
Klangliche Auswirkungen – was wirklich zählt
Das Ergebnis eines guten Einmessvorgangs ist kein „künstlicher“ Klang, sondern ein natürlicher, ausgewogener, räumlich präziser Sound, der Lautsprecher, Raum und Inhalt ideal in Einklang bringt. Besonders auffällig sind:
- besser kontrollierter Bass ohne Dröhnen
- klarere Stimmenwiedergabe
- realistischere Ortbarkeit von Effekten und Instrumenten
- weniger Hörermüdung bei langen Filmsitzungen oder Musikabenden
Kurz: Der Unterschied vor und nach der Einmessung ist oft frappierend – und für viele Nutzer der eigentliche Gamechanger nach dem Umstieg auf einen modernen AV-Receiver.
Fazit: Besserer Klang ohne Umbau
Ein aktueller AV-Receiver mit hochwertigem Einmesssystem macht aus einer guten Anlage eine exzellent klingende. Er eliminiert Schwächen, die allein durch Gerätewechsel oder Lautsprecher-Upgrade nicht zu beheben wären. Wer seinen Hörraum nicht umbauen oder mit teuren Absorbern ausstatten möchte, erzielt mit der richtigen Raumkorrektur oft schon 80 % der gewünschten Klangverbesserung – und das mit einem einzigen Mikrofon und wenigen Tastendrücken.
Für audiophil orientierte Nutzer und Heimkino-Fans gleichermaßen gilt: Die Investition in ein modernes Raumkorrektursystem ist nicht nur sinnvoll – sie ist essenziell.