Wege zu einer guten Raumakustik
Autor: Andreas Kunz, erstmals veröffentlicht in Fono-Forum 08/2010
In diesem Artikel, der erstmals im August 2010 im Musikmagazin Fono-Forum erschienen ist, widmet sich Andreas Kunz den Tücken und Fallen der Raumakustik, gibt Tipps und zeigt Lösungen. Klingen große Boxen tatsächlich nur in großen Sälen gut? Wie kann ich meinen Hörraum optimieren? Er beginnt mit dem leeren Raum. Nachdem er feststellt, dass in einem leeren Raum eine gute Wiedergabe nicht zu verwirklichen ist, möbliert er diesen und zeigt auf, wie man den Hörraum weiter optimieren kann.
Die Vorfreude ist riesig, steht doch mit dem Umzug in eine größere Wohnung oder gar ein Haus die Verwirklichung eines Traums bevor: Endlich Musik im eigenen Hörraum genießen, jederzeit den Regler des Verstärkers ohne Einschränkung nach rechts drehen. Perfekt! Doch nicht selten macht sich anschließend Ernüchterung breit, klingt die Anlage deutlich schlechter als vorher. Eine Erfahrung, die Musikfreunde übrigens nicht nur nach einem Umzug, sondern auch nach einer Renovierung oder einer neuen Möblierung machen. Hochklassige HiFi-Komponenten sind eben nicht alles: Auch der Raum hat entscheidenden Einfluss auf den Klang, in der Regel einen weitaus größeren als etwa Kabel oder Netzleisten. Grund genug, uns hier dem Thema Raumakustik zu widmen.
Spielwiese für unsere Untersuchungen ist ein 25 Quadratmeter beziehungsweise 68 Kubikmeter kleiner Raum. Beteiligt sind neben Diplom- Physiker Klaus-Hendrik Lorenz-Kierakiewitz von der Peutz Consult GmbH, der als externer raumakustischer Berater fungiert, der Messtechniker unserer Schwesterzeitschrift STEREO, Diplom-Ingenieur Rolf Hähle, und ich als Musikredakteur.
Ausgangspunkt für unser Experiment ist die Situation unmittelbar nach einem Umzug oder einer Renovierung. Der Raum – massive Wände, Parkettboden, kleines Fenster, Systemdecke – steht leer, mit Ausnahme einer hochwertigen Stereoanlage: Die riesige Malibran der italienischen Firma Unison Research, ein Standlautsprecher der High-End-Klasse (um 22.000 Euro), ist angeschlossen an Yamahas Verstärker Yamaha AS1000 und den CD-Player Yamaha CD-S1000 (beide um 1.000 Euro), die zu den Besten ihrer Preisklasse zählen und hier auf einem Rack von Finite Elemente thronen. Abgerundet wird die Kette durch Kabel von Silent Wire und eine Netzleiste von PS Audio; auch an das Bi-Wiring, das Anschließen von zwei getrennten Lautsprecherkabeln für den Tieftonund den Mittel-Hochton-Zweig des Lautsprechers an den Verstärker, haben wir gedacht.
Und doch ist der erste Klangeindruck desaströs: In den Höhen klingt es teils unangenehm scharf, und insbesondere der Tieftonbereich grollt einfach undefinierbar. Beim Beginn von Mahlers 5. Sinfonie (Benjamin Zander, Philharmonia Orchestra, Telarc/In-Akustik) ist der Bass entweder mulmig-verwaschen oder wummert wüst.
Vollkommen unverständlich, sind die Boxen doch technisch auf dem besten Stand, wie auch Testergebnisse bestätigen. „Bei Lautsprechertests misst man in einem bis zwei Meter Entfernung und versucht dabei, den Einfluss des Raumes bewusst auszuschalten bzw. zu minimieren”, gibt Lorenz-Kierakiewitz zu bedenken. „Dagegen erleben wir hier, was in einem akustisch ungünstigen Raum letztlich am Hörplatz ankommt. Das unangenehme Brummen entsteht zum Beispiel dadurch, dass von den Lautsprechern die Raummoden angeregt werden.“ Zu Demonstrationszwecken legt der Akustikspezialist eine CD mit einem Testsignal ein, bei welchem eine Sinusschwingung bei gleichem Pegel von 400 bis 20 Hertz hinab allmählich tiefer gleitet, und fordert mich auf, in einer Raumecke Platz zu nehmen. Obwohl fortwährend nahezu die gleiche Energie aus dem Lautsprecher kommt, verschwindet der Ton manchmal beinahe, um dann wieder bei anderen Frequenzen übermäßig laut zu dröhnen.
Wir versuchen nun unser Glück mit kleineren Boxen, die einen schwächeren Bass mitbringen. Es heißt ja immer, dass sich große Lautsprecher in kleinen Räumen nicht optimal entfalten können. Klingt also ein gutes Mittelklassemodell wie die Veritas P5 (um 1.500 Euro) des schleswig-holsteinischen Herstellers Phonar (Nachfolger: Phonar Veritas P6 Next), angeschlossen an dieselbe HiFi-Anlage in unserem Raum, wirklich besser als ein Spitzenprodukt? Nach dem Umstöpseln lauschen Klaus-Hendrik Lorenz-Kierakiewitz von der Peutz Consult GmbH, Rolf Hähle und ich wieder der Musik. Und in der Tat bestätigt sich die HiFi-Regel „Große Boxen für große, kleine Boxen für kleine Räume". So tönt das Orchester zu Beginn von Mahlers 5. Sinfonie im Vergleich nun in den Tiefen weniger mulmig-verwaschen, grummelt der Bass in Natalie Merchants Folksong-Juwel „Sally Ann“ etwas greifbarer. Zwar sind wir von einem straff konturierten Bass noch weit entfernt. Aber dennoch scheint das Ergebnis zunächst erstaunlich, hatte doch Rolf Hähle ein paar Tage zuvor bei der Malibran einen gleichmäßigeren Frequenzgang gemessen als bei den Phonar-Boxen, die im Übrigen ja auch nur einen Bruchteil der Malibran kosten.
„Wie bereits erwähnt: Bei Frequenzgang-Messungen der Boxen wurde der Einfluss des Raumes bewusst nicht mit einbezogen – anders als bei uns jetzt“, erinnert Lorenz-Kierakiewitz. „In der Praxis wird in einem so kleinen Raum mit seinen vielen ausgeprägten Eigenmoden aus dem Nachteil der Phonar ein Vorteil. Um es anders auszudrücken: Weil der Bassbereich bei den Phonar-Boxen insgesamt etwas schwächer wiedergegeben wird, richtet er in diesem Fall weniger Schaden an.“ Unsere anschließende Überprüfung mit dem System MLSSA unterstreicht den Höreindruck: Wenn man nicht einen Meter von den Lautsprechern entfernt misst (bei Ausblendung von Echos), sondern an unserem Hörplatz, so ist der im Raum gemessene Frequenzgang der kleineren Phonar-Boxen im Bass tatsächlich ein wenig gleichmäßiger als bei der Malibran. Ein weiterer Beleg dafür, wie stark ein Raum den Klang beeinflusst – gerade im Bassbereich.
Fachbegriffe
Amplitude: Die Amplitude einer Schwingung prägt als wichtiger Parameter den Lautstärkeeindruck mit. Die elastischen Schwingungen der Luftmoleküle kann man sich als Schwingungen kleiner Kügelchen vorstellen, die in Ketten mit kleinen Federn zusammengehalten werden. Die Schwingungen der Schallquelle treffen das erste Kügelchen in dieser Reihe, welches aus seiner Ruhelage ausgelenkt wird; dadurch wird das nächs - te Kügelchen über die Feder ebenfalls aus seiner Ruhelage gestoßen, während das erste zurückprallt, über seine Ruhelage in Gegenrichtung hinausschießt usw. Die maximale Auslenkung aus der Ruhelage wird Amplitude xmax genannt.
Frequenz: Die Frequenz gibt die Anzahl der Schwingungen eines Signals pro Sekunde an. Einheit der Frequenz ist das Hertz (Hz), 1.000 Hertz entsprechem 1 Kilohertz (kHz). Sie ist eine Maßeinheit, mit der man die Tonhöhe angibt. So hat das eingestrichene A, nach dem Instrumente gestimmt werden, eine Frequenz von 440 Hertz.
Frühe Reflexionen: Unter frühen Reflexionen versteht man in der Raumakustik den Anteil reflektierten Schalls, der im Anschluss an den Direktschall bei einem Hörer eintrifft. Reflektiert wird der Schall bei frühen Reflexionen oft nur von einer oder wenigen Wänden (inklusive Boden/Decke). Durch die Überlagerung mit dem Direktschall kann es zu Klangverfärbungen kommen. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand gehen die frühen Reflexionen vom Direktschall nahtlos in den Nachhall über.
Flatterecho: Ein Flatterecho ist eine periodische Folge von Einzelreflexionen, die aufeinander folgen und dabei immer leiser werden. Es wird meist durch parallele Wände hervorgerufen. Wenn der Abstand der Flächen, zwischen denen der Schall hin- und hergeworfen wird, groß genug ist, nimmt man die aufeinander folgenden Wiederholungen als getrennte Signale wahr.
Nachhallzeit: Die Nachhallzeit ist eine der wichtigsten Kenngrößen zur Bestimmung der akustischen Qualität im Hinblick auf mögliche Nutzungen von Räumen. Sie ist definiert
als diejenige Zeit, die nach dem Abschalten einer Schallquelle in einem Raum verstreicht, bis die Energiedichte eines Schallereignisses auf ein Millionstel des Anfangswertes abgefallen ist. Dies entspricht einer Abnahme des Schalldruckpegels um 60 dB.
Raumimpulsantwort: Die Raumimpulsantwort findet Anwendung bei raumakustischen Messungen, sie enthält Reflexionsmuster des Raums am gewählten Übertragungspfad Sender – Empfänger. Nachdem ein Impulssignal in den Raum gegeben wurde, gibt die Raumimpulsantwort den Schalldruck auf einer definierten Empfangsposition als Funktion der Zeit wieder.
Raummoden (Eigenfrequenzen/Raumresonanzen): Als Raummoden bezeichnet man die stationären Eigenschaften stehender Wellen und ihrer Energieverteilung im Raum. Dessen Wandpaare wirken wie Resonatoren für Wellen, bei denen ganzzahlige Vielfache der halben Wellenlänge genau in die Dimensionen hineinpassen.
Die Frequenz der ersten Mode berechnet sich folgendermaßen: Schallgeschwindigkeit: (Raumabmessung x 2) = Raummodenfrequenz Bei einer Schallgeschwindigkeit von 343 Metern/Sekunde und einer Raumlänge von vier Metern liegt die erste Raummode beispielsweise bei etwa 43 Hertz. Bei dieser Frequenz beträgt die Wellenlänge dann acht Meter.
Die Verteilung der stehenden Wellen im Raum ist dabei von Ort zu Ort verschieden. Von tiefen Frequenzen zu höheren liegen die Moden im Frequenzbereich immer dichter. Liegen sie bei tiefen Frequenzen noch voneinander isoliert, können die Moden wahrnehmbare Klangverfärbungen („Dröhnen“) verursachen. In einem typischen quaderförmigen Hörraum kommen drei Arten stehender Moden vor: axiale, tangentiale und diagonale Moden (auch oblique Moden oder Schrägmoden genannt). Sehr problematisch für hochklassige Musikwiedergabe sind quadratische Räume, denn in diesen werden in Raumlängs- und Raumquerrichtung die gleichen Moden angeregt. Die entsprechenden Frequenzen werden somit doppelt stark betont und ausgelöscht und führen zu massiven Klangverfälschungen.
Trotz der leicht verbesserten Präsenz in den Tiefen kann jedoch von Wohlklang keine Rede sein. So klingen Frauenstimmen nasal und topfig, kommen die Hörner in Mahlers 5. Sinfonie diffus. Besonders schlimm ist es in den Höhen, die bei der Phonar mindestens genauso giftig beißen wie vorher bei der Malibran. Die Geige etwa in Natalie Merchants „Sally Ann“ kreischt schlicht grauenvoll, und die Trompete zu Beginn der Mahler-Sinfonie trötet so gepresst und scharf, dass es in den Ohren schmerzt. Bloß schnell die Lautstärke runterpegeln! Doch warum tönt nur der Bass (etwas) besser, nicht aber der obere Frequenzbereich?
„Das liegt am Übergang vom Geltungsbereich der wellentheoretischen zur geometrischen Akustik“, erklärt Lorenz-Kierakiewitz. „Sind die Wellenlängen der Frequenzen deutlich länger als die Raumabmessungen, so bilden sich in kleinen Räumen stehende Eigenfrequenzen aus – eben die berüchtigten Raummoden.“ Genau das erleben wir in unserem kleinen Raum im Bass. „Für den Mittel- und Hochtonbereich dagegen gilt die geometrische Akustik. Da die Wellenlängen der Frequenzen kürzer sind als die Raumabmessungen oder Gegenstände darin, wird der Schall auf dem Weg vom Lautsprecher zum Hörplatz geometrisch reflektiert.“
Weil der Raum noch nicht möbliert ist, wird relativ wenig Schall geschluckt. Das hat den Nachteil, dass der Direktschall von den Boxen an unserem Hörplatz keineswegs allein eintrifft, sondern stark von Reflexionen überlagert wird. In unserem Fall kommt noch ein anderes, besonders ungünstiges Phänomen hinzu. Schallwellen werden zwischen den parallelen, nicht gedämpften und massiven Wänden gleich mehrfach hin und hergeworfen, so dass ein Flatterecho entsteht, welches den Klang unangenehm aufraut – der Grund dafür, dass etwa Geigen und Trompeten so scharf klingen.
Fachbegriffe
Schröderfrequenz (Trennfrequenz): Oberhalb einer bestimmten Frequenz, der so genannten Schröderfrequenz, liegen die höheren Raummoden im Frequenzbereich derart dicht, dass es in der Regel nicht mehr zu störenden Effekten durch Raummoden kommt. Die Schröderfrequenz hängt ab vom Raumvolumen.
Wellenlänge: Die Länge, die eine Schwingung benötigt, um wieder dieselbe Phase zu erreichen, wird Wellenlänge genannt. Berechnet wird diese als Quotient aus Schallgeschwindigkeit und Frequenz. Somit ist bei hohen Frequenzen die Wellenlänge kürzer als bei tiefen Frequenzen.
Wellentheoretische Akustik: Die wellentheoretische Akustik gilt dann, wenn die Wellenlängen der Frequenzen vergleichbar oder länger als die Raumabmessungen sind.
Geometrische Akustik: Sind die Wellenlängen viel kleiner als die Abmessungen des Raumes oder Gegenstände darin, gilt die geometrische Akustik. Wenn sich hochfrequenter Schall etwa von Lautsprechern ausbreitet, wird er von Wänden und Gegenständen absorbiert und/oder geometrisch reflektiert.
Die Phonar-Lautsprecher regen die Raummoden zwar nicht so stark an wie die massiven Malibran-Boxen, so dass die Bässe weniger wüst wummern; doch in hohen Tonlagen stören nun frühe Reflexionen und Flatterechos mindestens genauso wie vorher.
Auch mit anderen Lautsprechern ist das Problem also nur bedingt in den Griff zu bekommen – zumal der Raum noch immer exakt dieselbe viel zu lange Nachhallzeit aufweist, unabhängig von den Boxen. Bei der Oktavbandmittenfrequenz von 250 Hz (Oktave von 176 Hz bis 353 Hz) also beispielsweise 1,3 Sekunden statt der nach Studionorm empfohlenen zirka 0,3 Sekunden.
Die einzig vernünftige Lösung ist also, den Raum so weit zu dämpfen, dass Raummoden ebenso vermieden werden wie Flatterechos und zu lange Nachhallzeiten. Nun wurde also deutlich, dass in einem leeren Raum eine gute Wiedergabe nicht zu verwirklichen ist, möblieren wir diesen nun und zeigen Ihnen, wie Sie den Hörraum weiter optimieren können.
Versagt hat sie auf ganzer Linie, unsere Anlage. Und das, obwohl Verstärker A-S1000 und CD-Player CD-S1000 von Yamaha zu den Besten ihrer Preisklasse zählen und Rack (Finite Elemente), Kabel (Silent Wire) und Steckdosenleiste (PS Audio) vom Feinsten sind. Dennoch wummerten Unisons massive „Malibran“-Lautsprecher ohrenbetäubend, und die schlankere Phonar Veritas P6 Next erwies sich in unserem 25 Quadratmeter kleinen Raum als bestenfalls weniger schlimm. Doch wie bekommen wir die Probleme in den Griff? „Geeignete Dämpfung lautet die Lösung“, antwortet antwortet Klaus-Hendrik Lorenz-Kierakiewitz von der Peutz Consult GmbH, der als akustischer Berater fungiert. „Ohne jegliche Absorption würde Schall theoretisch unendlich lange im Raum herumwandern.“ So extrem ist es in unserem Fall zwar nicht, aber in der Tat haben wir – an Bord sind noch der Messtechniker unserer Schwesterzeitschrift STEREO Rolf Hähle und ich als Musikredakteur – in unserem quasi leeren Raum mit zu geringer Absorption und somit zu hohen Nachhallzeiten zu kämpfen, insbesondere im tieffrequenten Bereich. Der simpel scheinende Weg, die Dämpfung zu verbessern, besteht nun darin, den Hörraum geeignet einzurichten – zunächst einmal mit üblichem Mobiliar in der Hoffnung, dass die Möbel aufgrund ihrer Form und des Materials Schall schlucken. Zugleich verschönern wir den Ort unseres Experimentes so zu einer Art Wohnzimmer.
"Jeder Raum lässt sich verbessern"
- Was tut ein Raumakustiker?
Ein Raumakustiker untersucht bestehende oder plant neue Räume und sorgt durch seine Empfehlungen bezüglich Form, Geometrie und verwendete Materialien dafür, dass in diesen Räumen eine für den jeweiligen Nutzungsfall optimale Raumakustik verwirklicht werden kann. Das beginnt bei Parkhäusern, Büros, Kran kenanstalten, Schulen und geht bis hin zu Theatern, Konzertsälen und Opernhäusern. - Was war Ihr bisher wichtigstes Projekt?
Das war die raumakustische Beratung der Modernisierung des Großen Saals der Tonhalle Düsseldorf 2004 bis 2006, welcher zuvor aufgrund seiner beinahe halbkugelförmigen Kuppel- geometrie extreme Brennpunktechos erzeugte. Durch intensive Untersuchungen an einem raumakustischen Maßstabsmodell (Maßstab 1 : 12) entwickelten wir eine Kuppelschalengeometrie, welche akustisch wie ein günstiger Quadersaal (Schuhkarton) wirkt und keine Brennpunktechos mehr aufweist. - Wie wichtig ist Raumakustik für einen guten Klang?
Sehr wichtig. Der Einfluss der Raumakustik in Abhörsituationen wird meistens eklatant unterschätzt. Genau kann man das zwar nicht in Prozente fassen, aber von der Größenordnung her macht die Raumakustik meist mehr als die Hälfte des Klanges in Studios und Hörräumen aus. - Was empfehlen Sie dem HiFi-Liebhaber mit begrenztem Geldbeutel, um die Raumakustik zu verbessern?
Die Raumakustik des Abhörraumes ist der Schwachpunkt der meisten Abhörsituationen. Daher ist zu empfehlen, die Hälfte des Budgets zur Optimierung der Raumakustik zu verwenden, ein Viertel für die Lautsprecher und den Rest für die Restanlage. Wenn die Anlage bereits vorhanden ist, lieber in die Raumakustik investieren als in neue Geräte, und dort zunächst einmal in ein Gutachten eines kundigen Beraters (basierend auf Messungen), was man denn – unter Umständen sogar mit vergleichsweise günstigen Maßnahmen – verbessern sollte. - Wenn Geld (fast) keine Rolle spielt: Wie erreicht man das Optimum?
Hier ist eine seriöse Beratung durch einen erfahrenen Spezialisten essentiell, wobei nicht nur raumakustische Aspekte, sondern auch massiv bauakustische Aspekte eine Rolle spielen, also der Schutz vor Lärm von außen. Um hervorragende Abhörräume zu verwirklichen, benötigt man eine gründliche Planung der Geometrien und Materialien, um die Nachhallzeiten zu optimieren und alle hinderlichen Reflexionen zu entschärfen. - Muss ein HiFi-Liebhaber für einen guten Klang eine hässliche Raumoptik in Kauf nehmen
Keineswegs! Gute Raumakustik muss nicht hässlich sein; nur nicht zu regelmäßig, da streng periodische Strukturen immer ein Risiko bezüglich Klangverfärbungen mit sich bringen. Ist jedoch ein fachkundiger Berater zur Hand, können auch optisch sehr ansprechende individuelle Verfahrensweisen erarbeitet werden. Dazu gehören sichtbare Maßnahmen wie absorbierende Bilder und Kunstobjekte ebenso wie unsichtbare, zum Beispiel in Form breitbandig absorbierender Leinwände oder Deckenkonstruktionen. - Bei Boxen wird das Ideal eines annähernd linearen Amplitudenfrequenzgangs (alle Frequenzen werden gleich stark wiedergegeben) von nicht wenigen Geräten annähernd erreicht. Warum ist das bei Räumen so schwer zu verwirklichen?
Eigentlich ist es nicht schwerer als mit Lautsprechern, nur dass bei diesen die Hersteller die Optimierung und Feinabstimmung übernehmen, beim Thema Raumakustik der Endverbraucher jedoch meistens allein dasteht und noch dazu die räumlichen Gegebenheiten meist bereits feststehen, wenn die Anlage in den Raum hineinkommt. - Gibt es Räume, die sich nicht optimieren lassen?
Jeder Raum lässt sich verbessern, es ist jedoch die Frage, ob zur Zufriedenheit. Räume mit konkaven Krümmungen sind eher problematisch, da die Brennpunkte durch geeignete Maßnahmen entschärft werden müssen, wogegen rechteckige bis achteckige Räume viel einfacher zu beherrschen sind.
Wir beschließen, erst einmal die Raummoden besser in den Griff zu bekommen: jene stehenden, tieffrequenten Wellen, für die die Wände eines Raumes wie Resonatoren wirken, so dass es dröhnt. Bis zu einem gewissen Grad schwächt die Systemdecke des Raumes das Problem bereits ab, wird diese doch durch tiefe Frequenzen zu Schwingungen angeregt und wirkt somit als Tiefenabsorber, der dem Raum tieffrequent etwas Schallenergie entzieht. Aber wie wir feststellen mussten, reicht dieser Effekt angesichts der überschaubaren Raumgröße bei Weitem nicht aus, um Raummoden ausreichend entgegenzuwirken.
Weil Raummoden in den Raumecken ein Maximum an Energie haben, können tiefe Frequenzen dort besonders effektiv absorbiert werden. Lorenz-Kierakiewitz schlägt deshalb vor, zunächst jeweils ein Regal in die Raumecken (bzw. Eckennähe) zu stellen, und so machen wir uns an die Arbeit. Als Tribut an die Wohnlichkeit lassen wir eine Ecke mit Fenster offen. Zudem stehen uns keine Schränke mit Türen zur Verfügung, die in geschlossenem Zustand als Tieftonabsorber fungieren könnten, sondern nur offene „Billy“-Regale. Ist so überhaupt ein Unterschied feststellbar?
Die Messergebnisse belegen, dass sich bereits mit dieser schlichten Maßnahme etwas tut: Die störende Raummode bei 66 Hz ist gekappt. Zudem hat sich die zuvor deutlich zu lange Nachhallzeit zwischen zirka 125 Hz und ein kHz fast halbiert. Doch neben positiven hat die Die Messergebnisse belegen, dass sich bereits mit dieser schlichten Maßnahme etwas tut: Die störende Raummode bei 66 Hz ist gekappt. Zudem hat sich die zuvor deutlich zu lange Nachhallzeit zwischen zirka 125 Hz und ein kHz fast halbiert. Doch neben positiven hat die neue Einrichtung auch negative Effekte. Bei 80 und 160 Hz gibt es heftige Einbrüche, die vorher nicht da waren. Vermutlich entsprechen diese Werte den Eigenfrequenzen der Regale, die ins Vibrieren geraten und dem Schall dort Energie entziehen.
Dem Höreindruck nach zu urteilen, überwiegen jedoch die positiven Effekte. So wirkt nun bei Natalie Merchants Folkpop-Juwel „Which Side Are You On“ (vom Album „The House Carpenters Daughter“) der Bass weniger angedickt, und der Beginn von Mahlers 5. Sinfonie (Benjamin Zander, Philharmonia Orchestra) tönt etwas griffiger, auch haben die Streicher in den Mitten mehr Schmelz. In den Höhen dagegen hören wir nicht die geringste Verbesserung. Wieder schmerzen die Ohren, so giftig trötet die Trompete bei Mahler, so grell faucht Natalie Merchants sonst so sonore Stimme im Diskant, und so scharf schneidet die Violine. Auch die mittleren und hohen Frequenzen müssen also adäquat gedämpft werden, „zumal die massiven Wände mit ihren schallharten Oberflächen klangverfärbende frühe Reflexionen und Flatterechos begünstigen, von den zu langen Nachhallzeiten ganz zu schweigen“, wie Lorenz-Kierakiewitz einwirft. Und genau diese Nachteile des Raumes versuchen wir jetzt mit weiteren Einrichtungsgegenständen zu minimieren. So soll ein raumfüllender, zentimeterdicker, flauschiger Teppich hohe Frequenzen oberhalb etwa drei kHz schlucken. Zwei großzügig mit Stoff gepolsterte Sessel können wegen ihres Volumens zusätzlich im Tief-Mitteltonbereich absorbieren.
Fachbegriffe
Absorption: Trifft Schall auf Oberflächen und Gegenstände, so wird ein gewisser Teil der eintreffenden Schallenergie zurückgeworfen (Reflexion). Der Rest der einfallenden Energie wird aufgenommen: entweder, indem er durch das Material hindurchgeht (Transmission), oder durch Umwandlung von Schallenergie in Wärme – etwa durch Reibung an porösen Oberflächen (Dissipation).
Diffusion: Wenn Schall einer bestimmten Wellenlänge (bzw. Frequenz) auf Hindernisse/ Gegenstände trifft, die in der Größenordnung der Wellenlänge eine Feinstruktur aufweisen, so wird der Schall der entsprechenden Frequenzen in verschiedene Richtungen, eben diffus, gestreut. Eine hohe Diffusion ist notwendig, um ein einheitlich durchmischtes Schallfeld aufzubauen, in welchem keine isolierten Reflexionen störend wahrnehmbar sind.
Poröse Absorber: Um hohe Frequenzen mit kleiner Wellenlänge zu absorbieren, eignen sich so genannte „poröse Absorber“, die einen hohen Gestaltungsgrad der Oberfläche aufweisen, eben eine hohe Offenporigkeit wie etwa Schaumstoffe, Mineralwolle etc. Je dicker das Material, umso tiefer die untere Grenzfrequenz, die noch absorbiert wird.
Plattenabsorber: Um tiefe Frequenzen mit großer Wellenlänge zu absorbieren, eignen sich mechanische Systeme, bei denen etwa Platten vor einem Luftpolster bei Einfall tiefer Frequenzen in Schwingung versetzt werden. Bei welchen Frequenzen ein Plattenabsorber wirkt, ist abhängig vom Flächengewicht der Platte und der Dicke des Luftspaltes.
Elektronische Raumkorrektursysteme: Anstelle von Equalizern (Filtern) gibt es heute intelligente Systeme auf dem Markt, die mit Mikrofon und komplexen Algorithmen den Raumklang automatisch zu korrigieren versuchen. Dennoch sind elektronische Raumkorrektursysteme nur der letzte Ausweg, weil sie die Symptome behandeln und nicht die Ursachen.
Doch Absorption ist nicht die einzige Möglichkeit, die Akustik zu verbessern. Bezogen auf den Raum „schlechte“ Schallanteile können auch „unschädlich“ gemacht werden, wenn sie von einem diffusen Reflektor in möglichst viele kleine Anteile zerlegt und in verschiedenste Richtungen reflektiert, eben gestreut werden. Aus diesem Grund füllen wir die Regale bunt mit Büchern, CDs und Zeitschriften, denn eine im richtigen Wellenlängenbereich unregelmäßige Oberflächenstruktur ist ein wirkungsvoller Diffusor. Den gleichen Zweck erfüllen Zimmerpflanzen, wenn auch in geringerem Maße.
Insgesamt hält sich der Aufwand, unser „Wohnzimmer“ einzurichten, sehr in Grenzen. Angesichts dessen ist das Ergebnis frappierend. Die Schärfen in den Höhen sind deutlich zurückgenommen, ja, das gesamte Klangbild hat das erste Mal überhaupt so etwas wie ansprechende Räumlichkeit. Zwar ist der Frequenzgang noch nicht perfekt, aber gegenüber dem Ausgangszustand in vielen Bereichen linearer, so dass die Musik im Raum realistischer abgebildet wird. Noch offensichtlicher ist die drastische Reduzierung der Nachhallzeit. Für Frequenzen oberhalb von ungefähr 180 Hz aufwärts nähert sie sich nun bereits der Studionorm (zirka 0,3 Sekunden), während zuvor die musikalischen Konturen in Hallsoße ertranken.
Tipps zur Verbesserung der Raumakustik
- Tipp 1: Je mehr Möblierung, Teppiche, Wandteppiche, Vorhänge, Schall streuende Gegenstände sich an Boden/Decke und Wänden befinden, desto besser. Am schlechtesten klingen meist puristisch/spartanisch eingerichtete Räume mit vielen glatten Flächen aus Aluminium und Glas.
- Tipp 2: Bücherregale wirken als Diffusoren, die helfen, ein einheitlich gemischtes Schallfeld aufzubauen. Ideal sind dabei chaotische Oberflächen und Kanten, bedingt etwa durch eine Vielzahl unterschiedlicher Buchgrößen. Wenn das nicht gegeben ist, wie bei einer Brockhaus-Edition, sollte man die Bücher so zueinander verschieben, dass sie keine homogene Abschlusskante bilden. Gleiches gilt für CDs.
- Tipp 3: Akustisch besonders problematisch sind die Raumecken, weil hier mehrere druckerhöhende Kanten aufeinanderstoßen, was zu wummernden Bässen führen kann. Um die energiereichen Basswellen zu dämpfen, bedarf es großvolumiger Absorber wie geschlossener Schränke (Plattenabsorber) oder spezieller Raumakustikelemente.
- Tipp 4: Zwischen Boxen und Hörplatz gehört ein mittelfloriger Teppich, um die ersten schallstarken Reflexionen des Bodens im Hochtonbereich abzudämpfen. Besonders ungünstig sind nackte Fliesen, die sehr hart reflektieren.
- Tipp 5: Auch Vorhänge oder Gardinen vor Fensterflächen helfen, Reflexionen im Hochtonbereich abzuschwächen.
- Tipp 6: An den Wänden sorgt Raufaser durch ihre Struktur im obers ten Hörbereich für erwünschte Diffusion, ungünstig sind dagegen glatte Plastiktapeten.
- Tipp 7: Die Zimmerdecke lässt sich mit geschickten Accessoires wie Lampen, Deckenalarm, Halterung für einen Projektor oder gar einem Akustiksegel auflockern respektive mit Diffusion „anreichern“.
- Tipp 8: Große Grünpflanzen verbessern die Raumluft, wirken antistatisch und zudem als Diffusoren angenehm auf die Akustik.
- Tipp 9: Nicht zu vergessen: Zimmertüren sollten mit Gummidichtung versehen sein, sonst können sie mitflattern.
- Tipp 10: Die Schallreflexionen sind günstiger, wenn man bei einem rechteckigen Raum die Lautsprecher von der langen auf die lange Seite spielen lässt. Besonders gut eignen sich Räume mit nichtparallelen Wände, ungünstig sind quadratische Räume, da sich hier Raummoden besonders stark ausbilden.
- Tipp 11: Sofa/Sitz am Hörplatz von der Rückwand abrücken, da sonst ungünstige Reflexionen von hinten den Höreindruck trüben. Gegebenenfalls an der Rückwand Schallschlucker platzieren wie zum Beispiel Kissen/Wandteppich oder Diffusoren wie Bücherregale.
- Tipp 12: Da viele Lautsprecherboxen durch Bassreflexöffnungen auch nach hinten abstrahlen, sollte man diese von der Wand abrücken und die Rückwand möglicherweise mit Schallschluckern wie etwa einem Wandteppich entschärfen. Eine Aufstellung in den Ecken ist zu vermeiden.
- Tipp 13: Standlautsprecher dürfen keinesfalls flächig auf dem Boden stehen, sondern nur punktuell, also auf Füßen, Spikes oder Kegeln. Ansonsten regen sie den Boden zu stark an, der Bass bläht auf. Ist der Bass zu stark, sollte man auch mit den vielen Boxen beigepackten Schaumstoffpfropfen in der Bassreflexöffnung experimentieren.
Doch so ganz kommen die Qualitäten unserer Anlage inklusive der Phonar- Veritas P5-Lautsprecherboxen immer noch nicht zur Geltung. Zumindest der Tiefbass hat noch eine deutlich zu lange Nachhallzeit, und das Klangbild wirkt nicht sehr ausgewogen. Mit anderen Worten: Statt Musik hören wir viel eher die Schwächen des Raumes. Die Raumakus tik weiter zu optimieren ist deshalb unser Ziel.„Setzen wir einfach alles ein, was uns an Möglichkeiten zur Verfügung steht“, schlägt Klaus-Hendrik Lorenz- Kierakiewitz vor. Zunächst organisieren Messtechniker Rolf Hähle und ich sechs Raumakustikelemente. Vor vielen Jahren selbstgebaut nach Vorgabe eines Akustikspezialisten, wirken sie gleich in zweifacher Hinsicht: Durch ihr massives Volumen bei poröser Oberfläche fangen sie bei tiefen Frequenzen an zu vibrieren, wobei die Bewegung in Wärme umgewandelt wird – dem Schall wird so Energie entzogen. Zusätzlich sorgen die dreieckige Form und die als Bespannung dienende Kunststofffolie noch für einen Diffusor-Effekt bei hohen Frequenzen.
Aber das ist noch nicht alles. Um auch die leicht bissigen Höhen weiter abzuschwächen abzuschwächen, wären Vorhänge ideal. Da wir auf eine Extra-Anfertigung nicht warten wollen, improvisieren wir, indem wir einen Vorhang über ein Flipchart hängen, was einen ähnlichen Effekt hat. Als Letztes kümmern wir uns um die Rückwand zur Anlage, die bis auf ein Regal in der rechten Raumecke noch leer ist. Das sollten wir korrigieren, strahlt doch die Phonar durch die Bassreflexöffnungen nach hinten. Und auch ein Teil der nach vorne abgestrahlten Energie wird an den Rändern hinter die Lautsprecher gebeugt. So etwas kann böse Folgen haben, denn der Zeitunterschied zwischen dem Direktschall von den Boxen und den Reflexionen von der Rückwand der Lautsprecher sorgt am Hörplatz für ungünstige Effekte: „Wenn sich reflektierte Wellen und die Wellen vom Direktschall überlagern, kann es abhängig von der Phasenlage zu Auslöschungen oder Überhöhungen kommen“, erklärt Lorenz-Kierakiewitz.
Deshalb platzieren wir drei kleinere rechteckige Kästen, ebenfalls Bassabsorber, mit etwas Abstand zur Rückwand hinter der Anlage und falten zusätzlich einen Teppich darüber. Durch die Oberflächenstruktur des Teppichs werden die Höhen weiter gedämpft.
Wieder messen wir, und die Ergebnisse lassen hoffen. Der Amplitudenfrequenzgang ist so gleichmäßig wie nie, entfernt, aber das lässt sich in der Praxis eh nur schwer verwirklichen (siehe Interview). Dennoch: Zwischen unseren aktuellsten Messergebnissen und denen im leeren Raum liegen Welten, und auch im Vergleich zu der „normalen Möblierung“ (siehe Teil 1) haben wir noch einmal Fortschritte gemacht.
Was bewirkt was in Sachen Akustik?
Böden
Parkett: Hart reflektierend
Teppich: Schluckt hohe Frequenzen
Fliesen: Sehr hart reflektierend, hohe Nachhallzeit in gekachelten Räumen
Linoleum: Reflektierend für tiefe und mittlere Frequenzen
Estrich: Reflektierend für tiefe und mittlere Frequenzen
Wände / Decken
Beton, Kalksand- und Ziegelstein: Reflektierend für tiefe und mittlere Frequenzen, je nach Grad der Porosität Höhenschlucker
Rigips: Reflektierend für hohe Frequenzen, mit Luftspalt dahinter Absorber
für tiefe Frequenzen
Putz: Hart reflektierend für tiefe bis mittelhohe Frequenzen, abhängig von der Porosität des Finishs
Holzverkleidungen: Reflektierend für hohe Frequenzen, mit Luftspalt dahinter Absorber für tiefe Frequenzen
Raufasertapete mit Mauerwerk: Reflektierend für tiefe und mittelhohe Frequenzen, je nach Grad der Porosität Höhenschlucker
Fenster: Reflektierend für hohe Frequenzen, Absorber für tiefe Frequenzen
Gespannt lauschen wir wieder dem Beginn von Mahlers Sinfonie in der Aufnahme mit Zander. Nicht nur der Bassbereich wird räumlicher wiedergegeben, sondern das gesamte Klangbild ist viel konturierter. Zum ersten Mal erleben wir die komplexe Architektur dieses musikalischen Weltentwurfes mit all seinen unzähligen wunderbaren Details. Auch das Folkrock-Juwel „Which Side Are You On?“ klang im Hörraum noch nie so beeindruckend wie jetzt, der Bass tönt straffer, Natalie Merchants dunkel-warmes Timbre körperlicher.
So schön kann Hören sein – und das, obwohl unsere Anlage im bezahlbaren Rahmen liegt. Den einzigen Wermutstropfen beschert uns die Optik. Vor allem der Wandteppich hinter der Anlage, genau in unserem Blickfeld, ist alles andere als eine Augenweide, ebenso das Flipchart samt Vorhang. Mit den Raumakustikelementen an den Seitenwänden und hinter uns dagegen können wir gut leben. Reichen die nicht aus? Wir machen sogleich die Probe aufs Exempel und entfernen die optisch störenden Elemente.
Doch leider entfernen wir uns damit akustisch wieder ein Stück vom einmal erreichten Ideal. Durch die geringere Dämpfung erscheint der Tieftonbereich etwas schlechter aufgelöst, spielen die Bässe weniger straff, und die Trompete wird einen Hauch zu schrill. Positiv (neben der Optik) schlägt zu Buche, dass die Streicher durchaus an Glanz gewinnen, aber das wiegt die Nachteile keinesfalls auf. Da bleiben wir doch lieber bei unserer Lösung – oder versuchen, in Zukunft unser akustisches Ideal mit visueller Ästhetik in Einklang zu bringen. Hier gibt es jede Menge Mittel und Wege.
So oder so: Zeit und Muße sind unabdingbare Voraussetzungen, um einen Hörraum optimal zu gestalten. Auf genaue Messungen und die Unterstützung durch einen Akustik-Fachmann wird man dabei kaum verzichten können. Doch auch, wer perfekte Lösungen aus Kostengründen scheut, kann durch schlichte Maßnahmen in der Regel schon einiges erreichen. Eine geschickte Platzierung etwa von Möbeln, Teppich und Pflanzen – mehr bedarf es oft nicht, um die Raumakustik bereits spürbar zu verbessern. Da tut sich ein weites Feld unerschlossener Möglichkeiten auf.
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